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Psychische Erkrankungen bei Zootieren

Writer's picture: selin_kiendlselin_kiendl

Updated: Jan 27, 2023

Beitrag von Selin Kiendl aus unserer Spezialsendung zum Thema Zoo vom 09.10.2022.

Heute beim Tierrechtsradio Tierische Aspekte dreht sich alles um das Thema Zoo. Ich bin Selin Kiendl und möchte herausfinden, welche Auswirkungen auf die Psyche der Zootiere denn deren Leben hinter Gittern hat. Können Tiere im Zoo psychisch krank werden? Zeigen sie Verhaltensauffälligkeiten? Dafür müssen wir uns zunächst einmal die Definitionen anschauen.


Psychische Störungen bezeichnen laut der Uni Viersen sämtliche Erkrankungen, die erhebliche Abweichungen vom Erleben oder Verhalten psychisch gesunder Menschen zeigen und sich auf das Denken, das Fühlen und das Handeln auswirken können. Mittlerweile ist bei vielen Tierarten bewiesen, dass Tiere, ganz genauso wie wir Menschen, psychische Störungen erleiden können.

Als verhaltensauffällig wird bezeichnet, wenn ein Lebewesen sich anders als der Großteil der anderen seiner Art on einer bestimmten Situation verhält. Diese Verhaltensauffälligkeiten können sich als eine Auswirkung der psychischen störung oder Krankheit zeigen. Es kann jedoch auch sein, dass eine psychische Krankheiten vorliegt, ohne dass wir von außen sichtbare Verhaltensaufgälligkeiten wahrnehnen können.

Nun… fast jede Zoobesucher*In hat es vermutlich schon mal selbst beobachtet. Sogenannte "stereotype Verhaltensweisen". Das sind sich ständig wiederholende Verhaltensmuster. Wie ein Löwe, der dauernd am Gehege hin und her läuft. Das Hin- und herweben der Köpfe von zum Beispiel Elefanten oder Giraffen. Bären, die im Kreis laufen oder sogar rückwärts gehen. Und Tiere, die den ganzen Tag an Gitterstäben lecken. Diese stereotypen Verhaltensweisen sind Merkmale von tiefgehenden psychischen Störungen, die sich speziesübergreifend ähnlich äußern. Auch bei schwer traumatisierten Menschen können genau solche Verhalten beobachtet werden.


Zoos stellen also nicht nur eine Einschränkung des Bewegungsradius dar, oder sind nun mal eine gänzlich veränderte Lebenswelt.. Nein, diese enormen Einschränkungen führen bei etlichen Tieren zu schwerwiegenden psychischen Krankheitsbildern.


Über diese besonders auffälligen Krankheitsbilder gibt es mittlerweile viele Studien. So schrieben bereits 2005 Swaisgood, R. R.; Shepherdson, D. J.: in "Scientific approaches to enrichment and stereotypies in zoo animals: what’s been done and where should we go next" darüber. Die Tierrechtsorganisation Peta schreibt auf ihrer Homepage unter Nennung diverser Studien über die am häufigsten beobachteten Verhaltensstörungen. Bei Menschenaffen beispielsweise wurden in einer Studien der Universität Kent bei allen untersuchten Affen Verhaltensauffälligkeiten beobachtet. Darunter zählen das Essen der eigenen Exkremente, Selbstverletzung wie Haare raus reißen, ständiges Hin- und herschaukeln mit dem Oberkörper.

Bei Großkatzen und auch bei Bären zeichnet sich leider ein genauso trauriges Bild. Laut WWF sind ausnahmslos alle im Zoo lebenden Tiger verhaltensgestört. Auch bei bis zu 85% aller in Zoos lebenden Elefanten kommen stereotype Verhaltensweisen vor, die sogar die zweite häufigste Tätigkeit dieser Tiere darstellt; nach fressen. Die Elefanten zeigen das sogenannte Weben. Das ständige, rhythmische Kopf- und Körperbewegen. Dieses Verhalten wurde in Freiheit noch nie bei einem Elefanten beobachtet.


Zoobetreibern sind die psychischen Krankeiten der Tiere selbstverständlich bewusst, auch wenn sie es gerne verschleiern würden. So schreibt der Deutschlandfunk nova am 13.12.2017 mit Berufung auf eine Umfrage des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV), dass allein in Nordrhein-Westfalen acht Zoos Psychopharmaka bei ihren Tieren einsetzen. Weiter zählen sie die Beispiele einzelner Psychopharmaka Einsätze auf:

"So erhalten Delfine im Nürnberger Zoo nahezu täglich das Beruhigungsmittel Diazepam - und das in immensen Dosen. Im Wuppertaler Zoo wurde dagegen ein aggressiver Schimpansenmann mit Valium ruhig gestellt."

Und im Zoo von London erhalten Pinguine chemische Stimmungsaufheller.


Die amerikanischen Pathologin Lynn Grinner obduzierte 14 Jahre lang im Zoo von San Diego alle verstorbenen Tiere. Dabei untersuchte sie auch die Kadaver auf Arzneimittelrückstände. Sie fand "eine erschreckend hohe Mortalitätsrate durch die Verwendung von Anästhetika und Beruhigungsmittel". Und das in dem Zoo, der als einer der tierfreundlichsten Zoos der Welt gilt, dank seiner besonders weiträumigen und gut gestalteten Gehege.

Ich frage mich: WOMIT können wir Menschen dieses lebenslange Leiden der Tiere rechtfertigen?!

Auch das Argument der Zoos, dass Besucher*Innen hier wildlebende Tiere in ihrem Verhalten beobachten können, ist vor diesen Tatsachen ein zynischer Witz. Denn die Tiere zeigen kein natürliches Verhalten, sondern ein krankes, trauriges Bild immenser psychischer Schäden.


Säugetiere sind in ihrem Verhalten vielfach uns Menschen ähnlich. Somit ist es hier für uns recht einfach nachzuvollziehen, dass die Tiere leiden. Sie zeigen die selben Störungen - stereotype Verhaltensweisen oder Selbstverletzung. In welcher Weise Tiere psychisch leiden, die uns viel weniger ähnlich sind, können wir Menschen aktuell nicht nicht mal ansatzweise erfassen. Zoos verfolgen wirtschaftliche Interessen. Der psychische Gesundheitszustand der Tiere spielt nur eine untergeordnete Rolle. Zoos machen Tiere krank und der einzige Weg, diesem ein Ende zu bereiten, ist, keinen Zoo mehr zu besuchen und diesen Einrichtungen den Geldhahn abzudrehen.


Ich freue mich über jegliches Feedback, Anregungen oder Fragen, gerne an aspekte@radiodarmstaft.de.

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